Der Tag!
Emily
und ich haben einen Auftrag bekommen, wir sollen unseren perfekten Tag
beschreiben. Wir hatten beide direkt einen Gedanken – das wird einfach.
Doch so einfach ist das gar nicht. Ich dachte an den aufregendsten,
Emily an den schönsten Tag. Ich sah Bälle, Wasser und Maulwurfshügel,
Emily sah Sand, hohes Gras und umgefallene Baumstämme. Vielleicht wäre
es einfacher, wenn jeder fürs ich seinen perfekten Tag beschreiben
würde. Frauchen macht sich in solchen Situationen immer gerne Listen.
Hunde sind da eigentlich etwas spontaner, wenn es darum geht, sich zu
überlegen, was ihnen gefällt und was ihnen wichtig ist. Allerdings
hatten wir eine Sache vollkommen unterschätzt. Es sollte nicht um
unseren schönsten, abwechslungsreichsten, entspanntesten oder
glücklichsten Tag gehen, das Thema ist unser perfekter Tag.
Perfekt.
Das ist schon eine ganz schöne Anforderung, so etwas tut man nicht mit
ein bisschen Ballspielen im Wald oder einer ausgiebigen Kuscheleinheit
auf dem Sofa ab. Nein, da muss nun wirklich mehr her.
Da
Emily und ich uns in einer Angelegenheit sehr schnell einig waren,
bekommt ihr nun doch nur einen Text. Unseren perfekten Tag verbringen
wir beide auf jedenFall gemeinsam. Herrchen und Frauchen sind
selbstverständlich auch dabei, alleine schon deswegen, weil einige
Punkte auf unserer Liste ohne die beiden gar nicht zu schaffen sind.
Aber lest selbst.
Der Morgen
Wir
schlafen aus. So richtig, also mindestens bis zehn Uhr. Eine halbe
Stunde vor dem Aufstehen kuscheln wir uns noch mal so richtig an
Frauchen an, so, dass sie sich gar nicht mehr bewegen kann. Wir sind
ohne Zweifel zu Hause, weil das eigene Bett das gemütlichste ist. Dann
stehen wir auf. Frauchen legt uns die dünnen Halsbänder an, Leinen
werden wir nicht brauchen. Gerade aus der Tür getreten, stehen wir auf
einem Olivenhain in unserer alten Heimat. Wir schlendern durch den
Schatten, bis wir den besten Hundestrand der Welt erreichen. Im Süden
Kretas fetzen wir mit unseren Hundekumpels durch die Morgensonne. Wenn
unsere Zungen fast bis auf den Kies hängen, legen wir uns auf die Decke,
die selbstverständlich nur für uns eingepackt wurde. Wir dösen ein
wenig, bis es uns an dem schattenfreien Strand zu warm wird. Wir gehen
zurück und landen zu Hause in der Küche. Frauchen hat unser Frühstück
schon vorbereitet. Ich bekomme eine große Portion Rinderbeinscheibe mit
Himbeeren, für Emily steht eine Schüssel Lachs mit Erdbeeren bereit.
Nachdem wir uns die Bäuche richtig vollgeschlagen haben, legen wir uns
aufs Sofa, meinen Rücken drücke ich so fest gegen Frauchens Bein, wie es
irgendwie möglich ist, Emily thront auf der der Sofalehne. Der Morgen
geht langsam und schläfrig in den Mittag über.
Der Mittag
Für
den Strand wäre es jetzt viel zu warm. Es geht in den Wald. Ich stürze
mich von einem Loch zum nächsten und buddele so lange, bis auch das
letzte bisschen Weiß an meinen Pfoten mit feuchter, schwarzer Erde
bedeckt ist. Die kleine Prinzessin springt wie wild zwischen
umgefallenen Baumstämmen umher. Dann kommt glücklicherweise eine
Kindergarten-Gruppe vorbei, die sich im Halbkreis um Emily versammelt
und ihr den Bauch krault. Unter einem Laubhaufen finde ich den
(zumindest für heute) besten Ball der Welt. Es folgt ein längerer Kampf
um meine Beute. Mir ist die ganze Zeit klar, dass es mein Ball ist und
es auch für immer mein Ball sein wird, aber so ein kleiner Kampf mit
Emily hat schon was für sich. Auch die zweite Etappe unseres perfekten
Tages neigt sich dem Ende und wir entschließen uns für den Übergang
erneut für ein Nickerchen auf dem Sofa.
Der Abend
Die
letzte Runde für heute steht an. Wir wollen wieder an den Strand. Jetzt
geht es aber nicht nach Kreta, sondern nach Holland. Hier gibt es
unendlich lange Sandstrände, an denen wir so richtig Hund sein können.
Gemeinsam jagen wir die kleinen Blasen, die entstehen, wenn das
Salzwasser auf den Sand trifft. Im Anschluss spielen wir im hohen,
trockenen Gras verstecken und buddeln zusammen den perfekten Graben für
eine Sandburg. Im gleichen Moment wie die Sonne lassen wir uns auf den
Boden sinken. Zwischen Frauchen und Herrchen gekuschelt, beobachten wir,
wie der kunterbunte Himmel, das Ende unseres perfekten Tages
einleitet.
Diesen
Tag hat es so nie gegeben, und vermutlich haben wir uns da für 24
Stunden auch ein bisschen zu viel vorgenommen. Aber wir sind ja noch
jung, was hätten wir davon, unseren perfekten Tag schon hinter uns zu
haben? Und ein kleines Stück „Perfekt“ steckt in jedem unserer Tage. Was
will man mehr!
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